Oberhof – Als am 6. April 2020 die Baumaßnahmen im Zuge der Doppel-WM 2023 aufgenommen wurden, blickten die Bauherren des Zweckverbandes Thüringer Wintersportzentrum (TWZ) noch in eine ungewisse Zukunft. „Es stellten sich uns tatsächlich einige Fragezeichen, da sich parallel zum Baubeginn auch die Corona-Pandemie ausbreitete“, blickt Sportstättenchef Dr. Hartmut Schubert zurück und ergänzt: „Natürlich hatte und hat der Gesundheitsschutz für uns und unsere Auftragnehmer oberste Priorität. Die Tatsache, dass der Großteil der Maßnahmen jedoch im Freien und nicht auf engstem Raum stattfand, erleichterte uns die Umsetzung der einzelnen Hygiene- und Schutzmaßnahmen erheblich.“
Und so fielen den Verantwortlichen nicht wenige Steine vom Herzen, als der Bau der beiden WM-Sportstätten planmäßig Fahrt aufnahm. Abriss- und Erdarbeiten eröffneten sowohl in der LOTTO Thüringen ARENA am Rennsteig, als auch in der LOTTO Thüringen EISARENA die Modernisierungsmaßnahmen. Während an der traditionsreichen und mittlerweile 50 Jahre alten Kunsteisbahn die Freilegung der tragenden Pendelstützen, der Abriss überalterter Garagen und Container sowie der Rückbau erster Bahndach-Elemente im Vordergrund standen, lag das Augenmerk in der Biathlon-Arena zunächst auf der Sanierung und dem Ausbau der Haupttribüne, der Schaffung neuer Versorgungs- und Rettungswege, umfangreichen Erdarbeiten für den Bau eines Athletentunnels sowie der Errichtung des neuen Schießstandgebäudes.
Kritik in neue Energie umgemünzt
„Die gesamte Planung, die Arbeit aller Akteure im Hintergrund und die anspruchsvolle Bau-Ausführung waren äußerst sportlich. Insbesondere mit Blick auf gleich vier Höhepunkte in der Saison 2020/21 war es umso erstaunlicher, was in unseren WM-Sportstätten – trotz so mancher Hürde – gemeinsam geleistet wurde“, sagt Schubert. Sowohl der Rennschlitten-Weltverband (FIL) als auch die Internationale Biathlon-Union (IBU) betrauten Thüringens Wintersporthochburg mit der Durchführung von jeweils zwei Weltcup-Veranstaltungen. „In der LOTTO Thüringen EISARENA war die Homologierung gerade erfolgreich abgeschlossen, als mit dem Weltcup Mitte Dezember die direkte Feuertaufe erfolgte. Und auch in der LOTTO Thüringen ARENA am Rennsteig konnten wir nach der berechtigten Kritik rund um das Schneemanagement im Januar 2020 zeigen, dass wir auch unter schwierigen Bedingungen liefern können.“
Auf Seiten der IBU sowie des Deutschen Skiverbandes (DSV) zeigt man sich vom neuen Kurswechsel in Oberhof beeindruckt. Um einstige Schneetransporte gänzlich zu vermeiden, wurde das alte Schneedepot entlang der LOTTO Thüringen Skisporthalle ertüchtigt und ein weiteres Depot auf Höhe des Streckenabschnittes „Kulle-Kurve“ geschaffen. Die Modernisierung des ARENA-Beschneiungssystems im Zuge des WM-Umbaus sowie der aktuelle Bau einer Schneelagerhalle zwischen Schnellkraftrunde und Nordostschleife der Skisport-HALLE, runden die Konzeption ab. „Von 15.000 m³ können wir so zukünftig bis zu 50.000 m³ Schnee vor Ort vorhalten. Die jetzigen Pläne kommen sehr gut an. Wir ziehen hier mit DSV, IBU, dem Freistaat, dem Landkreis Schmalkalden-Meiningen und der Stadt Oberhof gemeinsam an einem Strang – darauf haben wir uns klar verständigt und nur so kommen wir auch entsprechend voran“, sagt Schubert.
Nach wie vor laufen die Modernisierungs- und Baumaßnahmen in beiden Spitzensportstätten des Thüringer Wintersportzentrums auf Hochtouren. Einzig der im Juni aufkeimende Rohstoffmangel sorgte am Rande des 1354,5 Meter langen Kunsteiskanals kurzfristig für planerische Sorgenfalten. „Direkte Auswirkungen waren zum Glück nur bei den Aufträgen festzustellen, die auch erst in diesem Jahr an den Markt und somit in die Umsetzung gegangen sind. Bei den Erweiterungsbauten aus Holz mussten wir einen Bauverzug von bis zu zwölf Wochen hinnehmen“, sagt Schubert. Eine nunmehr gut eingespielte Logistik sowie ein frühzeitig berücksichtigter „Puffer“ sorgen jedoch dafür, dass das große Ziel – zu den Weltmeisterschaften im Jahr 2023 zwei moderne, nachhaltige und auf die Zukunft ausgerichtete Sportstätten vorhalten zu können – nicht in Gefahr steht.
Nachhaltigkeit im Fokus
Während in der LOTTO Thüringen ARENA am Rennsteig 20 Firmen, die mit den unterschiedlichsten Aufgaben betraut sind, noch bis Weihnachten die WM-Modernisierung vorantreiben, wechselt die LOTTO Thüringen EISARENA bereits Anfang Oktober wieder in den Vereisungs- und somit Sportmodus. Aktuell sorgen an der Traditionssportstätte 25 Firmen für den entsprechenden Fortschritt, der nicht nur mit Blick auf die neugeschaffenen Dachpassagen bereits eindrucksvoll bestaunt werden kann. Alle Arbeiten an der Bahn selbst werden bis Ende September abgeschlossen sein. Bis Jahresende werden dann all die Maßnahmen vorangetrieben, die keinen direkten Einfluss auf den sportlichen Betrieb mit sich bringen.
„Auf der einen Seite, dürfen alle Beteiligten auf das Erreichte zurecht stolz sein. Auf der anderen Seite wartet auf uns aber auch noch jede Menge Arbeit und Verantwortung“, resümiert Schubert. Im Zuge der WM-Maßnahmen hat man sich bewusst dem Modellprojekt Klimaneutrale Region Oberhof verschrieben. Durch den gezielten Einsatz erneuerbarer Energien und umweltfreundliche Maßnahmen in puncto Wärme-, Kälte- und Stromversorgung, werden hierbei eine deutliche Senkung der Emission von Treibhausgasen sowie eine enorme Reduzierung des Energieverbrauches angestrebt. Ziele, die Oberhof nicht nur für die Weltmeisterschaften im Rennrodeln (23. – 29. Januar 2023) und Biathlon (08. – 19. Februar 2023) rüsten sollen, sondern auch für eine ressourcenschonende, nachhaltige und erfolgreiche Wintersport-Zukunft.
www.wintersportzentrum-thueringen.de
Umbau- und Modernisierungs-Maßnahmen auf einen Blick
LOTTO Thüringen ARENA am Rennsteig:
- Neugestaltung ARENA
- Neues Streckenlayout samt Verlegung Strafrunde
- Fertigstellung eines neuen Athletentunnels
- Schaffung einer neuen Gebäudeinfrastruktur
- Technikgebäude
- Schießstandgebäude
- Sportwissenschaftliches Gebäude
- Ausbau der Infrastruktur auf maximal 27.500 Zuschauer
- Neuordnung der Oberflächenentwässerung und -abführung
- Streckenführung
- Anpassung des Loipennetzes gemäß Vorgaben der IBU
- Sechs Streckenvarianten (1,5 bis 4 km)
- Infrastruktur
- Ausbau der Beschneiung- und Beschallungsleitung
- Modernisierung der Trainingsbeleuchtung
- Neue Pumpstation mit Leistungssteigerung (bis zu 25 Kanonen)
- Fertigstellung Schneedepot „Kulle-Kurve“
- Umsetzung von Nutzerströmen
- Trennung Sportler-, Medien- und Zuschauerverkehr
- Vergrößerung der Veranstaltungsfläche
LOTTO Thüringen EISARENA Oberhof:
- Bahnanlage
- Optimierung der fahrdynamischen Gradienten
- Umbau der Kurvenpassage 9/10 | Neubau eines Schülerstarts
- Energieeffiziente Einkürzung diverser Kurvenpassagen
- Neue, optimierte Überdachung in Holzbauweise
- Verbesserung Infrastruktur (u.a. Beleuchtung und Beschallung)
- Modernisierung Schrankenanlage für Starthöhen
- Gebäude
- Erweiterung der Starthäuser, um neuen Ansprüchen gerecht zu werden
- Neubau eines multifunktional nutzbaren Trainingszentrums
- Erweiterung der Ziel- und Wiegehäuser in Holzbauweise
- Verbesserung der sicherheitsrelevanten Aspekte des Maschinenhauses
- Infrastruktur
- Neubau der 2. Bahnstraße zur Trennung des Transport- und Zuschauerverkehrs
- Neuverkabelung Elektronik
- Neuordnung der Oberflächenentwässerung und -abführung